Vom Leben und Überleben – Begegnung mit einer Zeitzeugin aus Anlass des Holocaustgedenktages

Dr. Michaela Vidláková berichtete unseren Schüler*innen der 10. Klassen sowie einigen Kursen der GyO von der Verfolgung ihrer Familie und der Vernichtung der Juden im Nationalsozialismus.

Michaela Vidláková, geb. Lauscherova, wurde am 30.12.1936 in Prag in einer jüdischen, zionistisch orientierten Familie geboren. Ihr Vater war Direktor in einer Pelzfabrik, ihre Mutter arbeitete als Lehrerin.

Als sie zwei Jahre alt war, wurde die Tschechoslowakei überfallen, kurz danach wurden in dem Protektorat Böhmen u. Mähren die Nürnberger Gesetze mit der Verfolgung der Juden eingeführt. Sie erlebte als kleines Kind die Folgen der Verbote und Anordnungen. „Vorzimmer des Todes“ nennt Vidláková das Ghetto, in dem sie zweieinhalb Jahre in Elend, Hunger und ständiger Angst ums Überleben zubringen musste.

Als sechsjähriges Kind wurde sie 1942 mit ihren Eltern in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. In dem überfüllten Lager prägten katastrophale hygienische Zustände, Hunger, schwere Arbeit und Erkrankungen den Alltag. Dort wurde sie getrennt von ihren Eltern in einem sogenannten Kinderheim untergebracht, anschließend war sie schwer krank und wurde ins sogenannte „Infektionskrankenhaus“ eingeliefert. Auf dieser „Krankenstation“ lernt sie die deutsche Sprache von einem Jungen aus Berlin. Seine Spur verliert sich in Auschwitz.

Die Lauschers hatten Glück im Unglück: Michaelas Vater galt als wertvoller Handwerker, dessen Arbeitskraft benötigt wurde. Er gab sich als Tischler aus und zeigte als Beweis den für seine Tochter angefertigten Spielzeughund namens „Pluto“ vor.

Deshalb wurde die Familie nicht in einem der vielen Züge nach Osten „evakuiert“ – in die Vernichtungslager. Sie erlebte die Verschönerungsaktion sowie die Rückkehr der Todesmärsche nach Theresienstadt.

Durch Glück und Zufall überlebten alle drei bis zum Ende des Krieges. Ihre Großeltern sowie ihr Onkel wurden durch die Nationalsozialisten ermordet.

Sie ist eines der wenigen Theresienstädter Kinder, die den Holocaust überlebt haben. Erst nach dem Krieg konnte sie in die Schule gehen, begann in der 4. Klasse der Grundschule, besuchte dann das Gymnasium und studierte später Naturwissenschaften an der Karls-Universität. Nach dem Studium arbeitete sie im Labor des medizinischen Forschungsinstituts. Seit ihrer Pensionierung berichtet sie in Schulen von ihren Erlebnissen und Erfahrungen als Zeitzeugin, ist im Vorstand der Theresienstädter Initiative und dort verantwortlich für Bildung. Sie lebt in Prag, ist verwitwet und hat einen verheirateten Sohn.

Wir danken Frau Vidláková für ihren eindrucksvollen Vortrag  und Herrn Koke für die Begleitung der Begegnung.